Eine moderne Mär
„Ich lese immer, Datenschutz und Digitalisierung würden sich gegenseitig behindern. Dem möchte ich deutlich widersprechen und sagen: Das ist Unsinn!“, sah sich Jörg Ludwig vor allem in der Pandemiezeit immer wieder gezwungen zu betonen, wie im Interview mit Just School nachzulesen. Denn: „Datenschutz ist die Voraussetzung für eine hohe Akzeptanz bei allen Beteiligten und der Standard für jede Firma, die heute im Bereich Schule aktiv ist. Man muss diese Themen nicht gegeneinander ausspielen, denn sie gehen Hand in Hand!“
Die CDU-Bildungspolitikerin Mareike Wulf schloss sich Ludwigs These im Interview an: „Natürlich müssen Datenschutz und Schuldigitalisierung Hand in Hand gehen.“ Wulffs Politik-Kollege von der SPD, Christoph Bratmann, sieht das ebenso: „Wir brauchen keine absoluten Lösungen, sondern eine dynamische Debatte, wo der Datenschutz uns daran hindert, zu guten Lösungen zu kommen“, erörterte Bratmann im Interview. Es gelte folgende Fragen zu beantworten: „Priorisieren wir die Schuldigitalisierung oder den Datenschutz? Oder können wir nicht sogar beides irgendwie zueinander bringen?“
Die Schule als geschützter Raum
Dass Datenschutz und Schuldigitalisierung gemeinsam funktionieren beweisen nicht zuletzt die bereits vorhanden und funktionierenden datenschutzkonformen Lösungen am Markt. Zuweilen fehlt es hier ganz einfach an der notwendigen Informationspolitik.
Noch setzen nicht alle Schulen auf Lösungen, welche diesen Anforderungen entsprechen. Vor allem im Homeschooling-Szenario wurden große Lücken im Datenschutz offenbar. „Wir erleben, dass teilweise Eltern im Unterricht mitmachen. Kolleginnen spiegeln mir zurück, dass Eltern plötzlich fragen: Warum machen Sie jetzt Seite sowieso?“, überspitzte die niedersächsische GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth im Rahmen einer Anhörung des Niedersächsischen Landtages. Ihr Fazit: „Es ist eigentlich ein geschützter Raum, in dem sich die Kinder entfalten können müssen.“
„Die Lehrkräfte bewegen sich zum Beispiel im Hinblick auf die Datenschutz-Grundverordnung in einer rechtlichen Grauzone“, schilderte Horst Audritz, Vorsitzender beim niedersächsischen Philologenverband, während der Anhörung und erläuterte: „Viele meiner Kollegen übertragen Unterricht 1:1 nach Hause. Dabei stellen sich große Datenschutzfragen.“
Verena Pausder äußerte gegenüber n-tv einen möglichen Ansatz zur Lösung des Problems: „Ich war gerade in einer Schule, da hat der Lehrer über Zoom für alle Kinder Unterricht gemacht und an der virtuellen Tafel Aufgaben entwickelt. Das hatte gar keine Datenschutz-Komponente. Da ist kein Schüler sichtbar, da ist kein Raum sichtbar, da ist kein Name sichtbar, sondern da ist einfach nur der Lehrer, der versucht, mit den Kindern zu Hause in Kontakt zu bleiben“, so die Autorin.
„Daten nicht zur neuen Währung werden lassen!“
Nicht nur Verena Pausder forderte eine genauere Unterscheidung der Daten: „Wir differenzieren nicht zwischen persönlichen und personenbezogenen Daten und Unterricht, der über diese Videoplattformen laufen kann. Da stehen wir uns selbst im Weg.“ Pooth mahnte derweil zur Vorsicht: „Was den Datenschutz betrifft, müssen wir im Hinterkopf haben, dass da ein gehöriger Markt heranwächst, in dem man scharf auf sämtliche Daten ist. Jeder Mausklick, jeder Fehler eines Schülers wird abgespeichert. Das ist sozusagen ein Stück weit die neue Währung.“
Die Lösung zur Problematik liegt nahe: „Schulen benötigen in der Praxis Lösungen, die einerseits den benötigten Funktionsumfang liefern und auf der anderen Seite so genutzt werden können, dass nicht die Gefahr besteht, dass Daten von Lehrkräften und (minderjährigen) Schüler(innen) eingesehen, verwertet und verkauft werden“, erläuterte unser Geschäftsführer Jörg Ludwig.
Schlussendlich gilt demzufolge: Eine Priorisierung von Datenschutz oder der Schuldigitalisierung ist nicht angebracht. Vielmehr gelingt eine nachhaltige Schuldigitalisierung nur, wenn wir beide Aspekte zusammen denken und nicht voneinander unterscheiden.
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