Die Digitalisierung der Schulen in Deutschland muss weiter gehen, der Bedarf an stetiger Entwicklung in der Digitalisierung ist nach wie vor enorm. „Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass nach über 16 Monaten Pandemie noch immer ein großer Bedarf an der Digitalisierung von Schulen besteht“, stellte Jörg Ludwig unlängst im Interview mit Just-School fest.
Die Corona-Pandemie wirkte in der Schuldigitalisierung zwar wie ein Katalysator aber noch immer sind Lücken zu finden. „Das Gute ist aber, dass die Digitalisierung der Schulen jetzt in aller Munde ist. Das war vor einem Jahr noch nicht so“, betonte die CDU-Bildungspolitikerin Mareike Wulf gegenüber Just-School. „Alle haben im Angesicht von Corona erkannt, dass dieses Thema wichtig ist. Von daher hat die Corona-Pandemie einiges auf den Weg gebracht und einiges beschleunigt, was sonst wahrscheinlich noch länger gedauert hätte.“
Bürokratieabbau für die Schuldigitalisierung!
Der DigitalPakt Schule unterstützt die Schulen finanziell bei der technischen Ausstattung und stellt damit eine Grundvoraussetzung zur Schuldigitalisierung dar. In der Praxis erwies sich dieses Modell jedoch als zähes Instrument der Problembekämpfung: „Die Digitalisierung muss dringend weiter vorangetrieben werden“, forderte deswegen die Autorin Verena Pausder im Interview mit der Zeit . „Noch immer sind nur 1,5 Milliarden von 6,5 Milliarden Euro aus dem Digitalpakt in den Schulen angekommen. Ich höre von Schulleitern: ‚Ich habe vor neun Monaten einen Medien-Entwicklungsplan eingereicht, weiß aber nicht, wann das Geld kommt.‘ Das sollte jetzt endlich ausgeschüttet werden“, so Pausder weiter.
Vor allem die Ausbremsung der finanziellen Mittel hat Pausder dabei als Herausforderung identifiziert: „Es gab eine kleine Anfrage der FDP im Bundestag dazu: Wenn wir in dem Tempo weitermachen, ist das Geld 2049 an den Schulen angekommen. Da brauchen wir einen pragmatischen Abruf-Prozess und können gerade in diesen Zeiten nicht den Lehrern und Lehrerinnen sagen: Du musst noch einen Medienkompetenz-Plan entwickeln, den musst du beim Schulträger einreichen und der wartet dann, bis alle eingereicht haben und reicht dann erst weiter und, und, und (…) Das müssen wir entbürokratisieren.“ Auch bei n-tv ging Verena Pausder auf die schleppenden Auszahlungen ein: „Probleme können nur schwer spontan angegangen werden, sondern müssen geplant werden.“
„Chance auf Bildung hängt vom Kontostand der Eltern ab!“
„Wie aus einer repräsentativen Studie der Universität Göttingen hervorgeht, stellt beispielsweise jede zweite Schule kein WLAN für Schüler bereit“, heißt es in einem Artikel der tagesschau . Dabei ist die technische Ausstattung doch das A und O wenn es um eine reibungslose Digitalisierung geht. „Aus der bisherigen Corona-Zeit nehme ich auch mit, dass das Thema Schuldigitalisierung erst richtig in den Gang kommen muss – und zwar nicht nur an vereinzelten, sondern an allen Schulen“, stellte Mareike Wulff heraus und ergänzte: „Aus meiner Sicht geht die Schuldigitalisierung ganz eng mit der technischen Ausstattung einher.“ Digitalisierung funktioniert nur mit einer ausreichenden Ausstattung. Ebenso wichtig ist es, flächendeckend zu handeln und alle Schulen sowie Schülerinnen und Schülern zu vernachlässigen berücksichtigen.
Die Unterschiede im Land sind teils gravierend. Einige Schulen waren schon vor der Pandemie deutlich besser digitalisiert als andere. So ist es auch mit den Lehrkräften. „Einige haben eine hohe Affinität zur Digitalisierung und andere eben nicht“, erörterte die GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth gegenüber Just-School. „Die Chance auf Bildung hängt vom Kontostand der Eltern ab. Das ist aktuell auch wieder der Fall. Es wird nie danach gefragt, was wir machen müssen, um die Schwächeren zu fördern. (…) Wir haben Probleme, obwohl wir ein Bildungsland sind. Die Schere geht immer weiter auseinander“, brachte es Pooth auf den Punkt. Im Homeschooling seien Familien deutlich an ihre Grenzen gestoßen, weil einfach das Geld für individuelle Ausstattung nicht da war.
Rückkehr zum Vor-Corona-Zustand darf nicht passieren!
„Die Wünsche nach einer flächendeckenden Digitalisierung sind groß. Der Bund will, dass die Schulen digitaler werden. Alle Bundesländer wollen das auch. Die Schulen wollen das auch. Die Eltern und die Kinder auch", zählte Sarah Henkelmann, Sprecherin des Netzwerks Digitale Bildung, gegenüber n-tv auf. Auch Studien bringen die aktuell herrschende Unzufriedenheit ans Licht „Laut einer repräsentativen Umfrage des Branchenverbands Bitkom von 2021 stellen Eltern der Schulbildung eher schlechte Noten aus. Sie wünschen sich eine schnellere Digitalisierung der Bildung und eine stärkere Zentralisierung der politischen Entscheidungen“, brachte der Artikel der Zeit als Erkenntnis hervor.
Wichtig ist, dass die Grundvoraussetzungen zur Schuldigitalisierung weiter nachhaltig und langfristig ausgebaut werden. Klar ist auch, was in Zukunft nicht passieren darf: „Eine Rückkehr zum Vor-Corona-Zustand wäre kaum wünschenswert. Denn der war auch ein Problem: In vielen Schulen wurde noch ganz klassisch mit Tafel, Kreide und Overheadprojektor gelehrt, der Unterricht lief frontal vor der ganzen Klasse ab. Klar, einige Schulen und Lehrer(innen) probierten sich auch vor Corona schon im Digitalen. Aber bisher war das eher die Ausnahme“, heißt es im besagten Zeit-Beitrag.
Deutschlands Expertinnen und Experten sind sich demnach einig: Die Schuldigitalisierung muss jetzt zügig in den Gang kommen, die Lehrkräfte entlasten, Schülerinnen und Schülern digitale Möglichkeiten bieten und auch die Eltern berücksichtigen.
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Teil 2: Eigenverantwortliche Schulbudgets beschleunigen die Schuldigitalisierung