Der Vergleich von Theorie und Praxis
Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, digitale Innovationen sowie unternehmerische und gesellschaftliche Initiative zu fördern. Sie setzt dabei auf offene Standards und Diversität. Auf diese Weise will sie Digitalkompetenzen, Grundrechte, Selbstbestimmung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland sichern. In diesem Sinne strebt die Bundesregierung eine engere, zielgenauere und verbindliche Zusammenarbeit aller Ebenen an. Diese Ziele wurden explizit im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode festgehalten.
Was sich in der Theorie nachvollziehbar und wie die logische Konsequenz anhört, verfehlt in der Praxis vielerorts das erklärte Ziel. Obwohl es die Bildungsunternehmen der Digitalwirtschaft waren, die nicht erst angesichts der Corona-Pandemie die Grundlagen für die Schuldigitalisierung und damit überhaupt erst für zeitgemäßes Lehren und Lernen gelegt haben, setzen einige Bundesländer auf eigene IT-Lösungen für Schulen. Sie erschweren mit diesem Eingriff in den freien Wettbewerb die weitere Entwicklung der Schuldigitalisierung in Deutschland.
Die Position der mittelständischen Bildungsunternehmen
Die mittelständischen Bildungsunternehmen des Didacta Verbands thematisieren ihre Bedenken nun mit einem gemeinsamen Positionspapier. Gleichzeitig laden sie die Entscheiderinnen und Entscheider aus der Politik ein, in einem gemeinsamen und wirkungsvollen Austausch die Entwicklungen der letzten Monate kritisch zu bewerten und Schritte zu einer nachhaltigen, zukunftsorientierten Bildungszusammenarbeit einzuleiten.
»Die Bildungswirtschaft wird sich mit ihrer Expertise entschieden dafür einsetzen, denn sie ist davon überzeugt, dass die gesetzten Ziele nur durch eine faire, konstruktive Zusammenarbeit erreicht werden. Dabei ist es aus ihrer Sicht entscheidend, dass die Beteiligten klare Zuständigkeiten einhalten, in deren Rahmen sie handeln«, nennt das Positionspapier gleich in den ersten Zeilen einen der wichtigsten Standpunkte.
»Markteingriffe gefährden die Digitalisierung des gesamten Bildungssystems«
So berichtet der Didacta Verband, wie er in der jüngeren Vergangenheit mit Sorge beobachtet habe, dass sich der Bund und einzelne Bundesländer als Wirtschaftsteilnehmer in rein technischen Bereichen des Bildungswesens eingebracht haben. Sie gehen damit weit über ihre Deutungshoheit für die Bildungsinhalte hinaus: »Derartige Markteingriffe gefährden eine in die Zukunft gerichtete Digitalisierung des gesamten Bildungssystems, schwächen die mittelständische Bildungs- und Digitalwirtschaft in Deutschland und erschweren den Aufholprozess Deutschlands zu anderen EU-Ländern im Bereich der digitalen Bildung.«
Konstruktive Ansätze
Neben der der Politik signalisierten Gesprächsbereitschaft forciert das Forderungspapier eine Einigung über die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen. Die sollten der Komplexität föderaler Schulstrukturen zumindest Rechnung tragen und individuellen Schulformen ausreichend Spielraum lassen.
»Unsere Erfahrung lehrt, dass die Schulen am besten wissen, welche Art von Software sie vor Ort brauchen. Sie vertrauen seit Jahren auf funktionierende Lösungen. Diese Erkenntnis vermittelt das neue Positionspapier des Didacta Verbands«, lobt unser Gründer und Geschäftsführer Jörg Ludwig, denn: »Der Blick in die Praxis ist die beste Schule für die Politik. Nur durch einen fairen Wettbewerb können Innovationen entstehen.«
Weitere konstruktive Ansätze des Positionspapieres sind eine umfängliche Einforderung und Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), ein rascher Bürokratieabbau sowie vereinfachte Fördermöglichkeiten. Das übergeordnete Ziel – eine Stärkung des Mittelstands als Akteur, der im freien Wettbewerbs Innovationen fördert und umsetzt – hilft am Ende auch den Schulen.
Kritik an vermeintlichem »Kostenlosversprechen«
Besonders auf Landesebene entstehen derzeit unterschiedlichste staatliche Lösungen für die digitale schulische Infrastruktur, die mit einem vermeintlichen »Kostenlosversprechen« eingeführt werden. In der Realität belastet dieser Eingriff die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mit vermeidbaren Millionenbeträgen und schafft zudem verzerrte Wettbewerbsbedingungen.
»Von Steuergeldern finanzierte Projekte – wie die Bildungscloud in Niedersachsen, Brandenburg und Thüringen – sind nur ein vermeintliches Kostenlosversprechen«, erklärt Jörg Ludwig. »In Wirklichkeit kosten sie die Steuerzahler Millionen. Dieses Geld könnte für weitaus sinnvollere Posten, wie beispielsweise die Ausstattung der Lehrkräfte, eingesetzt werden.«
Bund und Länder sollten sich eher darauf konzentrieren, geeignete Rahmenbedingungen für eine gelingende Bildung zu schaffen: »In der digitalen Welt zählen dazu Mindeststandards, ineinandergreifende Förderstrukturen und schlanke bürokratische Prozesse trotz föderaler Strukturen. Die Entwicklung, Programmierung und Betreuung von IT-Angeboten für Bildungseinrichtungen gehören nicht dazu«, lautet hier die Position der mittelständischen Unternehmen im Didacta Verband.
Erheblicher Mehraufwand durch staatliche Monopolangebote
Wie sich in der Praxis herausgestellt hat, werden zahlreiche staatliche Angebote den komplexen Anforderungen der pädagogischen Praxis nicht annähernd gerecht. Auch bieten sie nur einen Teil des notwendigen Leistungsumfangs: »Es fehlt an Fachkräften für den technischen Support, für die Betreuung und Wartung von Netzwerken, für die kompetente Implementation von Hard- und Software und für geeignete Schulungen. Auf diese Weise entsteht in vielen Bildungseinrichtungen ein erheblicher Mehraufwand, weil Fach- und Lehrkräfte Aufgaben fachfremd übernehmen müssen. Dies ist sowohl quantitativ als auch qualitativ nicht im Sinne einer nachhaltigen Schulentwicklung und Mittelverwendung«, zählt das Forderungspapier auf.
Mittelständische Unternehmen haben auch hier nachhaltig bewiesen, dass sie auf die Anforderungen der Schulen flexibel und passgenau reagieren können. Schulen sollen ihrem Bildungsauftrag nachkommen und sich nicht mit IT-Verwaltung beschäftigen müssen.
Der Diversität und Komplexität im Sinne der Schulen gerecht werden
Die Unterschiede im deutschen Schulsystem können allein aufgrund der föderalen Struktur von Schule zu Schule enorm sein. Individualität und Empathie sind hier gefragt. »Eine übergeordnete staatliche Lösung […] kann weder der Diversität noch der Komplexität im Sinne der Schulen dienen«, analysiert der Didacta Verband folgerichtig in seinem Papier.
Demzufolge könnten innovative Lösungen, die sich schnell und flexibel an die unterschiedlichsten Schulformen anpassen lassen, nur dann entstehen, »wenn die Anbieter im permanenten Austausch mit den Bildungseinrichtungen stehen und untereinander in marktwirtschaftlicher Konkurrenz um die beste Lösung ringen.«
Abschließend untermauert das Forderungspapier die enorme Bedeutung autonomer Bildungseinrichtungen: »Die Schulen müssen die Anbieter frei wählen dürfen. Das wirkt sich in der Regel auch positiv auf die Kosten aus – ein Effekt, der selten erreicht wird, wenn Ausschreibungen nicht ausreichend differenziert und zu stark am Preis orientiert sind.«
Das komplette Forderungspapier der mittelständischen Bildungsunternehmen im Didacta Verband findet ihr hier.