Die Digitalisierung der Grundschule Vorbrück
Frau Delventhal, was bedeutet Digitalisierung von Grundschule für Sie? Aus meiner Sicht ist das Erlernen einer Medienkompetenz im Sinne eines kritischen Umgangs in der fünften Klasse zu spät angesetzt. Digitales Lernen schon im Grundschulalter ist ein wichtiges Element, damit Kinder diesen kritischen Umgang mit Medien lernen. Im Grundschulalter haben nicht alle Kinder im häuslichen Umfeld Zugang zu digitalen Medien. Außer zu Handys, die häufig als Spielzeug wahrgenommen werden. In der Schule sollen die Kinder diese als Arbeitsgeräte und Hilfsmittel im schulischen Alltag kennenlernen und damit umgehen können.
Wie verlief der Weg zur Digitalisierung in der Grundschule Vorbrück? In einem ersten Schritt haben wir digitale Tafeln angeschafft. Mit Blick auf neuzugewanderte Kinder haben wir im Jahr 2015 ganz gezielt digitale Medien zur Sprachförderung eingesetzt. Wortschatzarbeit konnte beispielsweise besonders gut an Tablet-PCs durchgeführt werden. Zur Organisation der Tablets wurde eine MDM (Mobile Device Management) installiert. Dies gestaltete sich zwar etwas kompliziert, doch ist sie das Herzstück, damit wir mit den Schülerinnen und Schülern arbeiten können. Diese Vorarbeit hatte sich beispielsweise in der Corona-Zeit einfach gelohnt.
Wie haben Sie Ihr Team an der Grundschule mitgenommen – und welche Rolle kommt dem Team mit Blick auf Digitalisierung zu? Eine wichtige Gelingensbedingung ist hier, das Thema immer wieder vorzuholen. Wir haben einige kleine Mikrofortbildungen zum Thema »Digitales Lernen« durchlaufen. Zum Beispiel im Rahmen unserer Dienstbesprechungen. Hier werden beispielsweise Apps vorgestellt. Auch bietet sich so Raum für Austauschmöglichkeiten. Wir haben wir außerdem eine Klausurtagung zum Thema durchgeführt. Und ganz wichtig ist es, als Schulleitung selbst von der Thematik begeistert zu sein!
Auf Ihrer Website finde ich mehrere Aspekte, die für Sie Digitalisierung mit sich bringen. Was ist für Sie die Chance für Ihre Schülerinnen und Schüler im digitalisierten Unterricht? Ich habe lange Zeit an einer Förderschule gearbeitet. Schon in dieser Zeit habe ich einen Laptop im Unterricht eingesetzt. Mein Höhepunkt war es definitiv, in diesen Stunden alle Kinder zu fördern und zu fordern. Später werden sie nicht ohne Computer arbeiten können, also ist es doch wichtig, ihnen hier möglichst früh Kompetenzen zu vermitteln und ihren Selbstwert so zu stärken.
Auch überzeugt mich die Flexibilität. Ich muss nicht zahlreiche Arbeitsblätter kopieren, um zu individualisieren und zu differenzieren. Digitales Lernen ermöglicht es mir, alle Kinder im Blick zu behalten und auch ganz schnell zu differenzieren – zum Beispiel mithilfe von Apps.
An der Grundschule Vorbrück leben Sie ja aktiv den »FREI DAY«. Dabei handelt es sich um ein offenes Lernformat. Wie schaffen Sie – nicht nur da – die Balance zwischen digitalisiertem und analogem Lernen? Der »FREI DAY« ist ein offenes Unterrichtskonzept, in dem die Kinder an selbstgewählten Themen und in Gruppen zu Fragen der BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung) arbeiten. Im »FREI DAY« spielen die Recherchemöglichkeiten durch die Tablets eine große Rolle. Welche Möglichkeiten gibt es etwa, die »Elterntaxis« zur Schule zu reduzieren? Wie kann ich meine Mitschüler(innen) für gesunde Ernährung begeistern? Es geht immer um die Global Goals. Nach der Recherche stellen die Kinder ihre Ergebnisse in Form von Präsentationen vor. Mit der App Book Creator etwa arbeiten sie an eigenen interaktiven Büchern zu verschiedenen Themen.
Ursula Delventhal ist seit 2015 Schulleiterin der zweizügigen Grundschule Vorbrück in Walsrode. Die studierte Förderschullehrerin ist auch in der Erwachsenenfortbildung tätig und begeisterte Anwenderin der IServ Schulplattform.