Schnell, stabil, zeitgemäß und nachhaltig!
Im Rahmen ihres mehrwöchigen Schulpraktikums bei IServ erhielten Josephine und Finn die Aufgabe, einen redaktionellen Beitrag über ihre persönliche Erwartungshaltung zur Schuldigitalisierung zu erarbeiten. Der Gedanke liegt nahe – immerhin wird der Bildungsweg aktueller Schülerinnen und Schüler so stark von der Digitalisierung geprägt, wie bei keiner anderen Generation zuvor.
Hier lohnt sich vorab eine Bestandsaufnahme, was Josephines und Finn jeweils an ihren Schulen vorfinden und aus ihrem Alltag gewohnt sind. Schon die teils gravierenden Unterschiede bieten eine willkommene Diskussionsgrundlage für unsere Fragestellung. Josephine geht in die 9. Klasse eines Wolfsburger Gymnasiums. Für die Kommunikation setzt man dort auf MicrosoftTeams, steht im Vergleich zu Finns Bildungseinrichtung aber noch relativ am Anfang der Digitalisierung. Finn besucht die 11. Klasse eines Braunschweiger Gymnasiums. Seit mittlerweile vier Jahren belegt er eine »Medien-Klasse« und arbeitet dort mit einem iPad und der Schulplattform IServ.
Trotz heterogener Voraussetzungen fallen die Erwartungen der Beiden an die Schuldigitalisierung überraschend deckungsgleich aus: »Schnelles und stabiles Internet, eine zeitgemäße digitale Ausstattung und Nachhaltigkeit« – so formulieren sowohl Josephine als auch Finn die Schule der Zukunft. Erfüllt sehen sie diese Bedingungen an ihren Schulen noch lange nicht. Aus dem Diskurs ergibt sich so eine erste Frage: Was muss getan werden, damit sich die Erwartungen erfüllen lassen?
WLAN nicht nutzbar, iPads nur für die Medien-Klasse
Von schnellem und stabilem Internet an ihrer Schule träumen sowohl Josephine als auch Finn. Die Realität im Frühjahr 2022 weicht weit davon ab. »WLAN ist zwar vorhanden, aber nicht im gesamten Schulgebäude verfügbar«, berichtet Finn und betont: »Besonders in den Physikräumen kann keine Verbindung zum Internet hergestellt werden.« Das kommt auch Josephine irgendwie bekannt vor: »Auf unserem Campus gibt es dieses eine Gebäude, wo wir überhaupt keinen Zugriff auf das Schul-WLAN haben«, stimmt die 14-Jährige ein.
Die Zwei sehen hier ihre erste Erwartung an die Schuldigitalisierung nicht erfüllt. »Ohne WLAN kann ich nicht auf meine Dateien zugreifen oder digitale Arbeitsaufträge erfüllen«, argumentiert Finn und untermalt seine Aussage mit einem Beispiel, das ihm mehr als einmal widerfahren ist: »Kommt es während einer kollaborativen Gruppenarbeit zum Verbindungsabbruch, sind wir aufgeschmissen.«
Josephine sieht einen weiteren Aspekt als eine der großen Herausforderungen im Schulalltag: »Auch das schnellste und stabilste Internet bringt wenig, wenn ich nicht mit dem passenden Endgerät arbeiten kann!« In Sachen Ausstattung hat Finn einen klaren Vorteil: »Wir haben alle unsere eigenen iPads«, erklärt er, weil: »Das konnten wir kaufen oder mieten.« Aber, sollte das passende Endgerät laut DigitalPakt Schule nicht grundsätzlich jedem Schüler und jeder Schülerin zur Verfügung stehen? »Einfach schnell mit dem iPad etwas recherchieren, ohne im Lehrbuch zu suchen oder in den Computerraum gehen zu müssen«, schwärmt Josephine und kritisiert damit unterbewusst die fehlende Ausstattung an ihrer Schule.
»Ist der Akku leer, habe ich Pech gehabt!«
Für Finn ist das längst noch nicht zu Ende gedacht: »In den Klassenräumen gibt es meist drei, vier Steckdosen«, erklärt er. PC, Dokumentenkamera und Whitebord – schon seien die wertvollen Stromquellen alle vergeben. »Wenn der Akku von meinem iPad leer ist, habe ich einfach Pech gehabt.« Eine mögliche Lösung? »Steckdosen an jedem Arbeitsplatz!« Aber was, wenn man einmal das Ladekabel vergessen hat? »Dann leihe ich mir einfach eines in der Schulbücherei aus«, spinnt Josephine den Faden weiter. Doch diese Möglichkeit besteht derzeit weder an Finns noch an Josephines Schule.
Die Diskussion um die Ausstattung geht in der Folge weiter in die Tiefe. »Häufig dauert es Wochen, bis neue Geräte überhaupt installiert und eingerichtet werden«, hat Finn beobachtet und fordert deshalb: »Das muss schneller gehen!« Josephine hält dagegen: »Manchmal dauert es länger als zehn Minuten, bis die Lehrkraft einen Laptop erfolgreich an den Fernseher angeschlossen hat.«
Kann Schule Nachhaltigkeit?
Einem roten Faden folgend sind Josephine und Finn bald beim Thema Nachhaltigkeit angelangt. Unser Schulsystem sei traditionell dafür ausgelegt, mit Stift und Papier zu lehren und zu lernen. »Das beißt sich natürlich mit den neuen Technologien, und der Umgang mit digitalen Medien weckt Unsicherheiten bei den Lehrkräften«, wirft Finn ein. »Viele Lehrkräfte sind nicht offen für Neues«, mutmaßt er und Josephine nickt zustimmend.
Einigen Lehrkräften sei es überhaupt zu viel Aufwand, E-Mails und Aufgaben in digitaler Form entgegenzunehmen. Die künstlerisch aktive Josephine macht diesen Punkt an einem Beispiel aus ihrer Erfahrung fest: »Meine Kunstlehrerin nahm meine digitalen Zeichnungen im Homeschooling nie an, weil sie nicht analog waren«, berichtet sie. Josephine und Finn sind sich einig, dass sie »in Zukunft gerne die Wahl zwischen digitalem und analogem Arbeiten haben möchten.« Dieser Ansatz führt auf der einen Seite zu einer einheitlichen Dateiablage, ermöglicht aber auch mehr Nachhaltigkeit.
»Gerade heutzutage ist es wichtig, Papier zu sparen«, betont Josephine. Aus diesem Grund geht für sie Nachhaltigkeit auch mit Schuldigitalisierung einher. »Angefangen bei digitalen Arbeitsblättern und nicht zuletzt beim digitalen Schulbuch. Schulunterlagen in Papierform landen im Müll, sobald sei nicht mehr relevant sind. Mit digitalen Arbeitsblättern spart man sich das Ganze. »Bei uns können Lehrkräfte Materialien im Voraus digital zur Verfügung stellen, per AirDrop verteilen oder wir scannen sie manuell ein«, beschreibt Finn den Vorgang.
Josephine und Finn sehen viele ihrer Erwartungen bestenfalls rudimentär erfüllt, wähnen ihre Schulen aber auch auf einem guten Weg. Nun gilt es, die Sorgen und Nöte der Schülerinnen und Schüler ernst zu nehmen. Auch wenn unsere Praktikantin und unser Praktikant vielleicht nicht mehr aktiv davon profitieren werden.